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KI-generierte Maturaarbeiten? Ein kritischer Blick auf Elicit AI & Thesis AI

Mit leistungsfähigen KI-Tools wie Elicit AI und Thesis AI wird die Recherche und Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten grundlegend verändert. Während diese Technologien Forschenden und Studierenden enorme Zeitersparnisse bieten, werfen sie auch kritische Fragen auf – insbesondere im Kontext von Maturaarbeiten.

Denn was passiert, wenn Gymnasiast*innen nun in wenigen Stunden eine vollständig KI-generierte Arbeit mit Literaturrecherche, Strukturierung und Quellenangaben erstellen können? Bedeutet das das Ende der klassischen wissenschaftlichen Maturaarbeit, wie wir sie kennen?

Dieser Beitrag zeigt auf, wie ein kompletter Workflow mit Elicit AI und Thesis AI aussehen kann – und warum Maturaarbeiten, die hauptsächlich auf Sekundärliteratur basieren, in Zukunft nicht mehr akzeptiert werden sollten.

 

Der Workflow: Von der Recherche zur fertigen Arbeit in wenigen Stunden

 

1. Literaturrecherche mit Elicit AI

📌 Was macht das Tool?
Elicit AI hilft, wissenschaftliche Papers schnell zu finden, relevante Informationen zu extrahieren und systematisch in einem Notizbuch zu organisieren.

📌 Schritt-für-Schritt:

  • Gymnasiast*in gibt eine präzise Fragestellung ein, z. B. „Welche Methoden gibt es zur Reduzierung von Prüfungsstress?“
  • Das Tool liefert eine tabellarische Übersicht mit relevanten wissenschaftlichen Artikeln, inklusive automatisch generierter Zusammenfassungen.
  • Durch Filter und zusätzliche Spalten (z. B. „Enthält Humanstudien?“) werden die Papers weiter eingegrenzt.
  • Falls gewünscht, können Artikel direkt als PDF extrahiert und im Elicit-Notebook gespeichert werden.

🎯 Ergebnis: Innerhalb von 30 Minuten erhält man eine strukturierte, KI-kuratierte Sammlung an Fachartikeln – ohne selbst eine einzige Quelle manuell gesucht zu haben.

 

 

2. Automatische Textgenerierung mit Thesis AI

📌 Was macht das Tool?
Thesis AI verarbeitet bis zu 100 hochgeladene PDF-Dokumente und generiert daraus eine vollständig zitierte wissenschaftliche Arbeit – inklusive Literaturverzeichnis.

📌 Schritt-für-Schritt:

  • Die aus Elicit AI gewonnenen PDFs werden in Thesis AI hochgeladen.
  • Derdie Schülerin gibt ein Thema und eine grobe Struktur ein, z. B. „Einleitung, Methodik, Ergebnisse, Diskussion“.
  • Die KI generiert basierend auf den Papers eine 20–50-seitige Arbeit mit Inline-Zitaten und Literaturverzeichnis.
  • Falls gewünscht, kann der Text nach LaTeX/Overleaf exportiert und dort weiterverarbeitet werden.

🎯 Ergebnis: Eine nahezu fertige wissenschaftliche Arbeit mit fundierten Quellen, die nur noch minimal überarbeitet werden muss.

 

 

Wissenschaftliche Eigenleistung könnte obsolet werden

💡 Warum ist das problematisch?

  • Die eigentliche wissenschaftliche Arbeit – das kritische Lesen, das Verknüpfen von Argumenten, das Formulieren eigener Gedanken – entfällt fast vollständig.
  • Gymnasiast*innen lernen nicht mehr, Quellen zu bewerten, Hypothesen zu entwickeln oder eigenständige Schlussfolgerungen zu ziehen.
  • Wer Thesis AI nutzt, verfasst keinen eigenen Text mehr – sondern erhält eine vorformulierte Arbeit auf Knopfdruck.
  • Die Prüfungsinstanzen (Lehrpersonen, Expertinnen) können kaum noch nachvollziehen, **ob und wie intensiv sich Schülerinnen wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt haben**.

🚨 Konsequenz: Wenn Maturaarbeiten weiterhin als reine Literaturzusammenfassungen zugelassen werden, wird es unmöglich, zwischen einer KI-generierten und einer echten Eigenleistung zu unterscheiden.

 

 

Lösungen: Der Fokus muss auf den Prozess gelegt werden

1. Keine rein literaturbasierten Arbeiten mehr

  • Maturaarbeiten müssen zwingend eine empirische Komponente enthalten: eigene Experimente, Interviews, Umfragen oder Fallstudien.
  • Arbeiten, die lediglich eine Zusammenfassung bestehender Literatur sind, haben in Zukunft keinen wissenschaftlichen Wert mehr.

2. Strenge mündliche Verteidigungspflicht

  • Schüler*innen sollten verpflichtend eine mündliche Prüfung ablegen, in der sie ihre Thesen verteidigen und auf kritische Fragen antworten müssen.
  • Dies würde sofort offenlegen, ob sie sich wirklich mit der Thematik befasst haben oder nur eine KI-generierte Arbeit abgegeben haben.

3. Klare Deklarationspflicht bei KI-Nutzung

  • Jeder Schülerin muss angeben, welche KI-Tools sie/er verwendet hat und in welchem Umfang.
  • Falls KI-gestützte Textgenerierung genutzt wurde, muss transparent gemacht werden, wie viel Eigenleistung noch in der Arbeit steckt.

4. Der gesamte Arbeitsprozess muss bewertet werden

  • Lehrpersonen sollten nicht nur das Endprodukt, sondern auch den Prozess bewerten. Das bedeutet:
    • Regelmässige Gespräche über den Fortschritt der Arbeit.
    • Abgabe von Zwischenschritten, z. B. einer eigenständig erstellten Literaturliste, Exzerpten oder Forschungsdesigns.
    • Reflexionsprotokolle: Schüler*innen müssen erklären, wie sie zu ihren Ergebnissen gekommen sind.
  • Ein solches Vorgehen verhindert, dass eine KI-generierte Arbeit einfach „durchrutscht“ – und fördert gleichzeitig echtes wissenschaftliches Arbeiten.

Fazit: Die Maturaarbeit muss sich neu erfinden

Mit Tools wie Elicit AI und Thesis AI können Schüler*innen in wenigen Stunden eine wissenschaftlich fundierte Arbeit generieren – ohne sich selbst intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Wenn wir nicht reagieren, verlieren Maturaarbeiten ihren Wert als Leistungsnachweis. Deshalb müssen Schulen dringend neue Anforderungen etablieren:

Keine rein literaturbasierten Arbeiten mehr
Mündliche Verteidigung
Transparenz über KI-Nutzung
Bewertung des gesamten Arbeitsprozesses, nicht nur des Endprodukts

Die Maturaarbeit sollte kein Copy-Paste-Konstrukt aus Sekundärliteratur sein, sondern eine echte, kreative und kritische Auseinandersetzung mit einem Thema. Nur so bleibt sie ein relevanter Abschlussnachweis – auch im Zeitalter der künstlichen Intelligenz.

 

 

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