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Generative KI vs. agentische KI

Zwei Seiten der KI – aber was unterscheidet sie?

In Gesprächen über künstliche Intelligenz (KI) hört man derzeit vor allem von generativer KI – Tools, die Texte schreiben, Bilder malen oder Musik komponieren. Doch ein neuer Typ von Systemen gewinnt zunehmend an Bedeutung: agentische KI. Während generative KI Inhalte erstellt, geht agentische KI einen Schritt weiter – sie handelt. In diesem Artikel erklären wir die grundlegenden Unterschiede dieser beiden KI-Ansätze, zeigen ihre jeweiligen Stärken und skizzieren, wohin sich die Technologie in Zukunft entwickeln könnte.

 

Generative KI: Kreativ auf Abruf

Generative KI beschreibt Systeme wie Chatbots (z. B. ChatGPT), Bildgeneratoren (z. B. Midjourney), Musik-KI oder Code-Assistenten. Sie basieren meist auf grossen Sprach- oder Bildmodellen, die durch Millionen von Beispielen trainiert wurden. Ihr Prinzip ist einfach: Sie reagieren auf einen Prompt, also eine Eingabe durch den Menschen, und erzeugen daraufhin Inhalte.

Beispiele für generative KI:

  • Schreiben eines Artikels
  • Erstellen eines Songtextes
  • Generieren von Illustrationen
  • Vorschläge für Programmiercode

Diese Systeme sind hervorragend darin, Muster in Daten zu erkennen und darauf basierend etwas Neues zu erzeugen. Sie berechnen, was am wahrscheinlichsten als nächstes passt – sei es ein Wort, ein Bildpunkt oder eine Tonfrequenz.

Wichtig: Generative KI ist reaktiv. Sie macht nichts von sich aus. Jede neue Aktion beginnt mit einem Impuls von aussen – der Mensch bleibt in der Steuerzentrale.

 

Agentische KI: Denken in Schritten, Handeln mit Ziel

Agentische KI geht einen Schritt weiter. Auch hier kann ein Prompt der Startpunkt sein. Doch statt nur zu reagieren, verfolgt ein agentisches System ein Ziel über mehrere Schritte hinweg – oft weitgehend autonom.

Was macht ein KI-Agent?

Ein typisches agentisches System folgt einem Zyklus:

  1. Wahrnehmen der Ausgangslage
  2. Planen möglicher Aktionen
  3. Ausführen der gewählten Schritte
  4. Bewerten, ob das Ziel erreicht wurde – und ggf. nachjustieren

Das System lernt unterwegs, denkt logisch weiter und handelt selbstständig – mit möglichst wenig Eingriff durch Menschen.

Beispiel: Persönlicher Einkaufsagent

Statt nur ein Produkt zu suchen, würde ein agentisches System:

  • verschiedene Plattformen scannen,
  • Preise und Verfügbarkeiten vergleichen,
  • Kaufprozess automatisieren,
  • Lieferdetails klären.

Und: Es würde von sich aus prüfen, ob neue Angebote verfügbar sind – ohne dass jemand ständig nachfragt.

 

Das gemeinsame Fundament: LLMs als Denkmaschine

Sowohl generative als auch agentische KI-Systeme basieren oft auf grossen Sprachmodellen (Large Language Models, LLMs). Diese Modelle liefern nicht nur die Inhalte für Chatbots – sie dienen auch als logisches Rückgrat für agentische Systeme.

Besonders entscheidend ist hier ein Prinzip namens „Chain of Thought Reasoning“: Das KI-System denkt in Einzelschritten, analysiert Teilprobleme, trifft Entscheidungen, prüft Ergebnisse – ähnlich wie ein Mensch ein komplexes Problem zerlegt.

Beispiel: Ein KI-Agent plant eine Konferenz

  • Was ist das Ziel?
  • Welche Orte sind verfügbar?
  • Welche passen zum Budget?
  • Wer muss eingeladen werden?
  • Wie wird der Ablauf organisiert?

Dabei spricht die KI quasi mit sich selbst, um den besten Plan zu entwickeln – bevor sie überhaupt etwas unternimmt.

 

Generativ vs. Agentisch: Ein Vergleich

Kriterium

Generative KI

Agentische KI

Reaktion

Reaktiv: nur bei Eingabe aktiv

Proaktiv: plant und handelt eigenständig

Aufgabe

Inhalt generieren

Ziele erreichen durch mehrere Schritte

Kontrolle

Mensch steuert jeden Schritt

Mensch gibt Impulse, nicht Details

Typische Tools

ChatGPT, Midjourney, ElevenLabs

Auto-GPT, LangChain, ReAct-Agenten

Stärken

Kreativität, Ideen, Inhaltserzeugung

Planung, Automatisierung, Langzeitaufgaben

 

 

Praxisbeispiele: Wie begegnet uns Generative KI  und Agentische KI im Schul- und Lernalltag?

Generative KI:

  1. Kreatives Schreiben im Deutsch- oder Fremdsprachenunterricht
    Schüler*innen nutzen ein Sprachmodell wie ChatGPT, um alternative Enden zu literarischen Texten zu entwerfen, Dialoge zu gestalten oder Texte in einen anderen Stil umzuschreiben. Lehrpersonen können die Vorschläge nutzen, um Stilmittel oder Textsorten zu analysieren.
  2. Visualisierungen für Präsentationen oder Maturaarbeiten
    Bildgeneratoren unterstützen bei der Erstellung von erklärenden Illustrationen, historischen Szenen oder Fantasiewelten – hilfreich etwa für Projekte in Geschichte, Geografie oder Kunst.
  3. Musikalische Experimente
    Tools wie Suno oder Soundraw generieren Musikstücke, die im Musikunterricht analysiert oder in eigene Produktionen eingebaut werden können – etwa als Filmmusik oder Sounddesign.
  4. Codebeispiele in Informatik
    Schüler*innen lassen sich durch KI kleine Programme vorschlagen, debuggen diese oder optimieren sie gemeinsam mit dem Tool. So entstehen praxisnahe Einblicke in Programmierlogik.

Merkmal generativer KI: Die Schüler*innen geben den Ton an. Die KI liefert Ideen, Texte oder Bilder – Entscheidungen trifft der Mensch.

 

Agentische KI:

  1. Planung einer Klassenreise oder eines Schulfests
    Ein KI-Agent erhält als Input das Budget, den Zeitraum und das Reiseziel. Er prüft mögliche Optionen, erstellt eine Reiseroute, vergleicht Angebote, prüft Bewertungen und schlägt einen Ablaufplan vor – und aktualisiert diesen automatisch, wenn sich Parameter ändern.
  2. Projektassistenz für Maturitätsarbeiten
    Ein Agent unterstützt bei der Gliederung, schlägt Literatur vor, verfolgt den Fortschritt, erinnert an Fristen, generiert Zwischenfragen zur Reflexion und kann auf Wunsch selbstständig Zwischenberichte zusammenfassen.
  3. Nachhilfe- oder Lern-Coach
    Ein persönlicher Lernagent erkennt Lernlücken durch Analyse von Aufgabenlösungen, passt Übungsaufgaben an das Niveau an, schlägt geeignete Lernstrategien vor und motiviert zur Selbstkontrolle – alles individuell angepasst.
  4. Forschungshilfe in naturwissenschaftlichen Fächern
    Ein Agent verfolgt eine naturwissenschaftliche Fragestellung, sucht relevante Studien, bereitet Daten auf, plant Versuche (z. B. für Biologie oder Physik) und schlägt Messreihen oder Auswertungsmethoden vor.

Merkmal agentischer KI: Die KI plant, handelt und reflektiert eigenständig – der Mensch setzt nur den Rahmen oder überprüft die Resultate.

 

 

Fazit: Zwei Denkweisen, eine gemeinsame Vision

Generative und agentische KI zeigen zwei Wege, wie Maschinen mit Wissen umgehen: Der eine kreiert, der andere agiert. Beide Technologien ergänzen sich – und zusammen ermöglichen sie eine neue Form der digitalen Zusammenarbeit. Wer die Unterschiede versteht, kann gezielter entscheiden, wann KI ein Werkzeug ist – und wann ein Partner.

 

 

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